Qualität vor Quantität
PDF Tools feiert dieses Jahr sein 15-jähriges Bestehen. Trotz seiner relativ kurzen Geschichte ist es bisher sehr erfolgreich gewesen. BIT sprach mit dem Firmengründer Dr. Hans Bärfuss über sein Erfolgsgeheimnis, eine Überraschungsreise zum Firmenjubiläum, die Vorteile einer zentralen Entwicklungsabteilung und die Herausforderungen für die Archivare der Zukunft.
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BIT: Herr Dr. Bärfuss, wenn man Ihre lange Liste von Interessen, Hobbys, Vorlieben und Leidenschaften betrachtet, könnte man Sie als echtes Multitalent bezeichnen: Elektrotechnik, Musik, Kunstflug, Sprachen, soziale Projekte, um nur einige zu nennen. Wie erklären Sie sich Ihr starkes Interesse an so vielen verschiedenen Dingen? Was haben Sie aus Ihren verschiedenen Interessen gelernt, das Sie auf Ihre Arbeit anwenden können?
Bärfuss: Letztlich sind sie alle miteinander verbunden und helfen mir, meine persönlichen Fähigkeiten zu entwickeln, denn es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Unternehmertum und Unternehmerpersönlichkeit. Die Musik hat mir zum Beispiel Einblicke in das nonverbale Denken gegeben, und meine musikalischen Aktivitäten haben meine Teamfähigkeit verbessert. Als Pilot lernen Sie, Verantwortung für Ihre Passagiere zu übernehmen und gleichzeitig als Kommandant und Spezialist zu agieren. Der Kunstflug hat mich gelehrt, dass Talent allein nicht ausreicht. Man kann nur erfolgreich sein, wenn man hart trainiert, bis die Fähigkeiten so weit verinnerlicht sind, dass man sie in der vorgegebenen Zeit fehlerfrei anwenden kann.
BIT: Ihr unternehmerischer Instinkt war schon in jungen Jahren ausgeprägt, und Sie waren von Anfang an mit zahlreichen Projekten und Unternehmen sehr erfolgreich. Was ist das Geheimnis Ihres Erfolgs?
Bärfuss: Geschäfte werden mit Menschen und nicht mit Organisationen gemacht, und deshalb habe ich immer versucht, die Menschen sehr gut kennen zu lernen. Darüber hinaus werden Sie durch ständiges Lernen für technologische, soziale und kommunikative Entwicklungen sensibilisiert. Wenn es darum geht, Kunden und Investoren zu beeindrucken, ist die Leidenschaft für das Produkt wichtiger als die Leidenschaft für Geld.
Am Anfang jedes neuen Unternehmens steht eine zündende Idee. Aber es ist ein Irrglaube, dass die Idee extrem kreativ oder sogar genial sein muss. Es ist eine wenig bekannte, aber ernüchternde Tatsache, dass die Welt fast ausschließlich von durchschnittlichen Ideen bestimmt wird. Und Sie müssen nicht einmal eine eigene Idee haben. Aufgrund meiner Erfahrungen und Beobachtungen glaube ich, dass es die Initiative, der starke Wille und die Belastbarkeit des Unternehmers sind, die eine Idee in ein erfolgreiches Unternehmen verwandeln.
BIT: Sie waren einer der ersten, der die Bedeutung digitaler Dokumente in unserer modernen, kommunikationsorientierten Gesellschaft erkannt hat. Wie wichtig sind in diesem Zusammenhang Aspekte wie digitale Archivierung, Audit-Konformität und intelligente Dokumentenformate?
Bärfuss: Viele Unternehmen haben erkannt, dass digitale Dokumente ein wichtiger Bestandteil der Digitalisierung von Geschäftsprozessen sind. Aber nur wenige haben die Konsequenzen und Auswirkungen vollständig verstanden. Beispiele hierfür sind die digitale Archivierung und die elektronische Unterschrift. Gegenwärtig werden sie hauptsächlich als Kostenfaktor und nicht als Investition in die Rechtskonformität betrachtet.
BIT: Welche Innovationen werden wir Ihrer Meinung nach im Bereich der elektronischen Langzeitarchivierung erwarten können? Welches sind die größten Herausforderungen für die Archivare der Zukunft?
Bärfuss: Die größten Herausforderungen für die digitale Archivierung sind:
Auswahl relevanter Informationen aus der Flut digitaler Informationen (z. B. E-Mails)
Bearbeitung von Inhalten, die es wert sind, in sozialen Medienkanälen (Facebook, Twitter, Web, Multimedia) aufbewahrt zu werden
Die digitale Archivierung ist langfristig ausgerichtet und ihre Interessen kollidieren häufig mit dem technologischen Fortschritt (viele Unternehmen verwenden beispielsweise weiterhin TIFF für die Langzeitarchivierung, obwohl inzwischen modernere Formate verfügbar sind).
BIT: Sie haben die PDF Tools AG vor 15 Jahren im Jahr 2002 gegründet. Worauf sind Sie besonders stolz, wenn Sie auf die kurze, aber sehr erfolgreiche Geschichte Ihres Unternehmens zurückblicken?
Bärfuss: In diesem kleinen, aber erfolgreichen Unternehmen habe ich das beste Team, mit dem ich je gearbeitet habe. Effizient, unabhängig, sozial versiert, loyal. Das ist etwas, worauf ich sehr stolz bin. Hinzu kommt, dass viele unserer Ideen von Wettbewerbern kopiert worden sind.
BIT: Welche Projekte wollen Sie auf jeden Fall noch auf den Weg bringen, und arbeiten Sie auf bestimmte Ziele hin?
Bärfuss: Ein Teil unserer Arbeit erfolgt mit Blick auf die Zukunft, weshalb wir eng mit Universitäten zusammenarbeiten, um PDF-Forschungsprojekte zu fördern. In einem dieser Projekte geht es darum, PDF für die schnelle und speichereffiziente Kommunikation mit mobilen Geräten nutzbar zu machen. Dies wird neue Anwendungen für PDF eröffnen, die bisher kaum möglich waren.

BIT: Wird das Unternehmen in diesem Jahr sein Jubiläum gemeinsam mit der Belegschaft und den Kunden begehen?
Bärfuss: Da unsere Kunden und Partner aus der ganzen Welt kommen, ist es schwierig, eine Jubiläumsfeier zu organisieren, an der alle teilnehmen. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, Pocket PDF zu entwickeln. Dieses Smartphone ist unsere Art, uns für den Erfolg der letzten 15 Jahre zu bedanken. Es ist im Grunde ein Taschenkonverter zum Konvertieren von Handybildern, Chatprotokollen usw. in das PDF- und PDF/A-Format. Außerdem werden die Mitarbeiter im Spätsommer eine Überraschungsreise unternehmen - aber mehr kann ich Ihnen nicht verraten, denn ich möchte Ihnen die Überraschung nicht verderben!
BIT: Ihr Motto lautet "Made in Switzerland", und Sie stehen wirklich dazu - alle Produkte werden bei PDF Tools AG in der Schweiz entwickelt. Was sind die Vorteile dieser Art von zentraler Entwicklung?
Bärfuss: Weil unsere Mitarbeiter sehr gut ausgebildet sind (ETH-Absolventen sind so gefragt, dass sogar Google und die Walt Disney Studios ihre Forschungszentren in Zürich eingerichtet haben), können wir Software auf einem sehr hohen Niveau erstellen. Darüber hinaus erleichtern die kurzen Kommunikationswege und die gemeinsame Sprache eine effiziente Teamarbeit. Ein intensiver Dialog zwischen den Entwicklern an einem Standort fördert die notwendige Kreativität bei der Entwicklung neuer Produkte und Funktionen.
BIT: Können Sie uns etwas über die Schlüsselelemente der PDF Tools-Strategie erzählen?
Bärfuss: Unser Unternehmen hat sich bewusst dafür entschieden, langsamer zu wachsen als der PDF-Markt insgesamt, damit wir ein gleichbleibend hohes Qualitätsniveau halten können. Um jedoch keine Marktanteile zu verlieren, konzentrieren wir uns zunehmend auf spezifische PDF-Anwendungen, wie z. B. die Konvertierung von Dateiformaten, Archivierung und Output-Management. Als Schweizer KMU sind wir dem Grundsatz "Qualität vor Quantität" verpflichtet. Wir entwickeln und verkaufen Produkte, aber unsere Kunden verlangen oft auch Dienstleistungen, die wir konsequent an unsere Partner auslagern. Wir konzentrieren uns auf unsere Kernkompetenzen, auch wenn es manchmal schwer ist, der Versuchung interessanter Kundenprojekte zu widerstehen. Eine weitere Schweizer Tugend ist, dass wir eine langfristige Strategie verfolgen, die Marktentwicklung genau beobachten und nicht immer gleich auf den Zug aufspringen.
BIT: Ihre Produkte werden ständig weiterentwickelt, um den neuesten Anforderungen der Kunden und des Marktes gerecht zu werden. Was bedeutet das? Fördern Sie den konstruktiven Dialog zwischen Ihren Kunden und Entwicklern und setzen Sie die Ergebnisse bei der Planung und Verbesserung der Produkte ein?
Bärfuss: Da die Kunden, die wir bedienen, meist Entwickler sind, haben unsere eigenen Entwickler die Aufgabe, sie zu unterstützen, was sie gerne tun. Das bedeutet, dass die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden direkt und unverfälscht in die Entwicklung einfließen.
BIT: Sie beschäftigen Ingenieure aus den Bereichen Physik, Elektrotechnik, Mathematik und IT, vor allem in den Entwicklungs- und Marketingabteilungen. In einem früheren Interview haben Sie diese Menschen als die Säulen des Erfolgs Ihres Unternehmens bezeichnet. Wie schaffen Sie es, mit einem so kleinen Team von Fachkräften mehr als 4.000 Kunden in über 60 Ländern zu bedienen?
Bärfuss: Der meiste Aufwand ist im After-Sales-Bereich erforderlich. Die mit der Unterstützung der Kunden verbundenen Arbeiten fallen vor allem in der Entwicklungsphase der Produkte und Projekte der Kunden an. Dadurch wird sichergestellt, dass die Live-Software mit wenig oder gar keinem Support reibungslos läuft. Technische Unterstützung wird dann nur noch bei gelegentlichen Upgrades auf neue Versionen benötigt.
Die Qualität unserer Produkte ist entscheidend für die Minimierung der Anzahl von Supportfällen. Deshalb ist der Arbeitsaufwand in diesem Bereich unser wichtigster Indikator dafür, dass Produktverbesserungen erforderlich sein könnten. Ein weiterer Grund, warum Supportfälle so effizient bearbeitet werden, ist, dass alle Prozesse vollständig digitalisiert sind, vom eingehenden Support-Ticket bis zur Bereitstellung der Lösung. So ist es von Anfang an gewesen.
BIT: Die PDF Tools AG ist Gründungs- und Partnermitglied der PDF Association, und Sie sind Vorsitzender des Schweizer Nationalkomitees. Ausserdem sind Experten von PDF Tools im ISO-Komitee für PDF/A und PDF vertreten. Stimmt es, dass Sie und Ihr Team dazu beigetragen haben, PDF als ISO-Norm zu etablieren? Wie wichtig ist es Ihrer Meinung nach, sich in solchen Organisationen und Normungsverbänden zu engagieren?
Bärfuss: PDF war ursprünglich das proprietäre Dateiformat von Adobe Acrobat. Es lag daher eindeutig in unserem Interesse, dass PDF ein international anerkannter Standard wird. Darüber hinaus ist die Interoperabilität von Software verschiedener Anbieter sehr wichtig für die langfristige Akzeptanz von PDF. Im ISO-Komitee tragen wir aktiv dazu bei, dass PDF von allen Anbietern gut verstanden wird und problemlos implementiert werden kann. Der Unterschied zwischen den Produkten besteht also nicht nur im Dateiformat, das allen Marktteilnehmern als öffentlich zugänglicher Standard kostenlos zur Verfügung steht.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Bärfuss.