Masterplan für das digitale Unternehmensgedächtnis
Die Digitalisierung geht in manchen Bereichen noch schwerfällig und träge voran - in anderen hingegen mit Riesenschritten. Täglich entstehen unzählige neue Knotenpunkte und Verbindungen in unserem digitalen Gedächtnis.
Unternehmen sind davon besonders betroffen, denn sie müssen mit der digitalen Transformation Schritt halten - oder ihr im Idealfall voraus sein. In vielen Branchen ist dies von entscheidender Bedeutung und steht nicht zur Diskussion. Werfen wir einen Blick auf den Dokumentenfluss. Genauer gesagt, senden und empfangen Unternehmen Signale aus zahlreichen verschiedenen Quellen. Die "Synapsen" müssen diese Signale erkennen, annehmen, kategorisieren und dann je nach Relevanz speichern oder ignorieren. Aber wie kann ein Unternehmen sicher sein, dass geschäftsrelevante Informationen erkannt und richtig behandelt werden? Mit anderen Worten: Wie werden Integrität, Verfügbarkeit, Nutzbarkeit und Authentizität gewährleistet? Was ist zu beachten, damit das digitale "Gedächtnis" nicht aus dem Tritt gerät?
Ursprüngliche Quelle
P - POLIZEIEN; Regeln und Vorschriften
In der analogen Welt gibt es bereits zahlreiche Gesetze und Vorschriften für Unternehmen. Im Zuge der Digitalisierung sind neue hinzugekommen. Eine Analyse der Anforderungen, die ein Unternehmen je nach Rechtsform oder Branche erfüllen muss, ist unbedingt erforderlich. Mit den richtigen Maßnahmen kann die Compliance im Dokumentationsprozess und im digitalen Langzeitarchiv gefördert werden.
Ziel ist es, den Überblick über alle Gesetze, Vorschriften und Regeln zu behalten, die ein Unternehmen beachten muss. Eine genaue Analyse verschafft einen Überblick, zeigt Optimierungspotenziale auf und sorgt letztlich für Rechtssicherheit im Streitfall.
Analysieren Sie die folgenden Punkte
Geltende Gesetze, die für Sie relevant sind
Branchenspezifische Regeln und Verfahren
Unternehmensleitlinien und Risiken
Verbindliche Vertragsklauseln
Bereiten Sie auf der Grundlage der Analyse vor:
Inventarisierung: Welche Regeln gelten für Ihr Unternehmen und können im Dokumentationsprozess beachtet werden?
Direktiven: Wie sollten Dokumente behandelt werden? (Sorgfaltspflicht)
Audit-Rahmen: Wie wird die Einhaltung der Richtlinien überprüft? (Intervall und Zuständigkeit für Audits)
Beispiel
Der fiktive Softwarehersteller PaperLess bereitet einen Vertrag vor, der von OEM-Partnern für den Verkauf und Vertrieb der Software unterzeichnet werden muss. Um sicherzustellen, dass der Vertrag rechtskonform ist, muss er von beiden Parteien unterzeichnet werden. Gemäß den Unternehmensrichtlinien von PaperLess darf der OEM-Vertrag nur von einem zeichnungsberechtigten Partnermanager gegengezeichnet werden. Diese Unterschrift muss zudem in digitaler Form erfolgen.
O - ORIGIN; Quellen, Formate und Kanäle
Geschäftsrelevante Informationen werden in ganz unterschiedlichen Umgebungen erzeugt, verarbeitet und verteilt. Woher kommen diese Informationen und welcher Art sind sie? Ein Unternehmen kann die Qualität seiner Dokumente und Prozesse kontrollieren. Dokumente, die aus externen Quellen stammen, entsprechen jedoch nicht unbedingt den erwarteten Qualitätsstandards.
Ziel ist es, die Herkunft, die Form und die Wege, die Dokumente nehmen, zu verfolgen und zu kontrollieren. Eine Bestandsaufnahme aller Quellen, Formate und Kanäle hilft, sie zu konsolidieren und dann die entsprechenden Bereinigungsmaßnahmen durchzuführen.
Analysieren Sie alle Dokumentenquellen:
Quellen:
Digital und analog
Interne Dokumente
Dokumente aus externen Quellen (von Lieferanten, Kunden, Partnern usw.)
Formate:
Dateiformat und analoge Dokumente
Struktur, Qualität, Lesbarkeit, Versionierung
Kanäle:
Post, Fax
E-Mail, Cloud (z. B. Dropbox)
Bereiten Sie auf der Grundlage der Analyse vor:
Verfahren zur Bereinigung der Vielfalt der Dokumente
Leitlinien für Quellen, Formate und Kanäle
Beispiel
Das Motto von PaperLess lautet: "Was Sie verbrauchen, ist das, was Sie bezahlen". Das bedeutet, dass die Rechnungssummen und Rabatte auf der Grundlage der vierteljährlichen Berichte der OEM-Partner ermittelt werden.
Diese werden direkt über das PaperLess-Partnerportal in einem bestimmten, von PaperLess vorgegebenen Format bezogen. Der gesamte Rechnungsstellungsprozess läuft automatisch ab. Die Zahlen werden aus den strukturierten Berichten importiert und dazu verwendet, Rechnungen (inklusive Skonto) zu erstellen, elektronisch zu versenden und zu archivieren.
C - CAPTURE; Eingabe und Verarbeitung von Inhalten
Externe Dokumente befinden sich im "Posteingang" und interne in einem Zwischenarchiv. Damit eingehende Dokumente reibungslos in den Dokumentationsprozess einfließen können, sollten sie zunächst geprüft und genehmigt werden.
Die Einrichtung eines Verfahrens zur Verarbeitung eingehender Dokumente gewährleistet, dass diese validiert, klassifiziert und repariert werden. Durch die Anreicherung der Dokumente mit Metadaten und Texterkennung sind die Dokumente dann durchsuchbar und können gefunden werden.
Verfahren
Festlegung von Regeln für die Verarbeitung eingehender Dokumente, auch in Bezug auf:
Validierung/Qualitätskontrolle
Optische Zeichenerkennung (OCR)
Konvertierung in Standardformate
Klassifizierung und Kanalisierung von Dokumenten
Beispiel
PaperLess erhält ein Fax eines OEM-Vertrags aus Japan mit einer handschriftlichen Unterschrift. Zunächst wird der Vertrag gescannt. Er könnte in dieser Form archiviert werden, aber es wäre schwierig, ihn später wiederzufinden. Daher wird er mit OCR gescannt, um eine durchsuchbare Version des Dokuments zu erstellen. Aufgrund der Struktur des Dokuments und der Art des Inhalts wird das Dokument als "Vertrag" klassifiziert. Nun kann das Dokument wiedergefunden und für andere Zwecke verwendet werden.
A - AUTOMATION; Arbeitsablauf und Zuständigkeiten
Sobald ein Dokument erkannt, gelesen und klassifiziert ist, gibt es einen vordefinierten Prozess, der die Dokumente den zuständigen Bereichen zuordnet.
Ziel eines durchgängigen Workflows ist es, klar definierte Zuständigkeiten, Nachvollziehbarkeit, Sicherheit und Datenschutz zu erreichen. Eine reibungslose Automatisierung ermöglicht die effiziente Weitergabe von Dokumenten ohne manuelle Eingriffe, so dass sie nicht verloren gehen.
Verfahren
Definieren Sie die folgenden Begriffe:
Arbeitsablauf
Zugangs- und Bearbeitungsberechtigungen
Organisationssystem und Erstellung von Unterlagen
Beispiel
Der vorgenannte Vertrag wird automatisch an den Partnermanager zur Information weitergeleitet. Sobald dieser ihn im internen System erhalten hat, wird in der Buchhaltung automatisch eine Rechnung über den jährlichen Partnerbeitrag erstellt und elektronisch versandt. Der unterzeichnete Vertrag und die Rechnung werden automatisch in die Stammdatei des Partners im Archiv aufgenommen.
R - REVISION / REVIEW; Überprüfung, Überwachung und Überarbeitung
Um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, sollte regelmäßig überprüft werden, ob der Dokumentationsprozess eingehalten wird und zu den gewünschten Ergebnissen führt. Auf diese Weise lassen sich Sicherheitslücken, undichte Stellen und Fehler aufdecken. Dies kann zu einer Behebung oder sogar zur Entwicklung neuer Anforderungen und Prozesse führen.
Verfahren
Definieren Sie die folgenden Begriffe:
Fehlerprotokoll
Fehlerbehandlung
Sie sollten auf folgende Fragen eingehen:
Wo treten Fehler auf? Wie werden Fehler behandelt?
Welche Informationen sind unbedingt erforderlich? Was passiert, wenn etwas ausgelassen wird? Wie viel darf weggelassen werden? Welche Angaben sind unbedingt erforderlich?
Gibt es Ausnahmen? Wenn ja, wie werden sie gehandhabt?
Müssen neue Anforderungen in das System aufgenommen werden? Zum Beispiel System- und Prozessaudits (Intervall, Verantwortung, Auditprozesse)
Beispiel
In der Vergangenheit wurden bei PaperLess OEM-Verträge nicht immer von den dafür vorgesehenen Personen unterzeichnet. Um dies zu verhindern, wurden automatisch verifizierte digitale Signaturen eingeführt. Wenn nun eine Person versucht, einen Vertrag ohne gültige Unterschrift zu archivieren, wird dieser abgelehnt und der Partnermanager entsprechend benachrichtigt.
A - ARCHIV; Aufbewahrung, Archivierung
Compliance, Rechtssicherheit, Auffindbarkeit und Lesbarkeit sind bei Dokumenten sehr wichtig, vor allem wenn alle geschäftsrelevanten Dokumente in einem digitalen Langzeitarchiv gespeichert sind. So ist sichergestellt, dass im Streitfall solide Beweise zur Verfügung stehen.
Verfahren
Definieren Sie die folgenden Begriffe:
Validierung/Prüfung der Dokumente, die dem Archiv hinzugefügt werden
Dateiverwaltung (Struktur/Zugriffsberechtigungen)
Archivierungsrichtlinien (Aufbewahrungsplanung/-fristen und endgültige Entsorgung)
Archiv-Audits (Überprüfung der Einhaltung der Archivrichtlinien)
Beispiel
Aufregung in der Buchhaltung von PaperLess: Einem aufmerksamen Mitarbeiter ist aufgefallen, dass sich ein OEM-Partner nicht an die aktuellen Vertragsbedingungen hält, obwohl er sie unterschrieben hat. Mit ein paar schnellen Klicks ist der Vertrag im Archiv gefunden und der Verdacht bestätigt sich. Der Mitarbeiter schickt dem Partner eine Abmahnung mit Lieferschein. Nach Eingang der unterschriebenen Abmahnung wird diese im Archiv gespeichert. Für Abmahnungen im Archiv ist eine Aufbewahrungsfrist von zwei Jahren vorgesehen, d.h. sie werden nach dieser Zeit automatisch gelöscht.
C - KOMMUNIKATION; Nutzererfahrung, Akzeptanz
Die Akzeptanz neuer Technologien und Verfahren entscheidet darüber, wie schnell sie in den Geschäftsalltag eines Unternehmens integriert werden. Die Nutzer müssen erkennen, dass das neue System ihnen die Arbeit erleichtert. Wichtig sind dabei die Benutzeroberfläche und -erfahrung sowie transparente Prozesse. Die Prozesse können nur dann erfolgreich eingeführt werden, wenn sie einfach zu implementieren sind.
Verfahren
Es werden Maßnahmen ergriffen, um das Problem anzugehen:
Bereitstellung von Ressourcen/Werkzeugen (Portale, Geräte)
Bedienung, Dokumentation (Benutzerhandbuch, Leitfaden)
Interne/externe Kommunikation
Helpdesk/Support, Schulung
Beispiel
Damit die OEM-Partner das neue Partnerportal nutzen können, werden sie im Vorfeld über die neuen Funktionen und zusätzlichen Vorteile informiert. PaperLess stellt auf seinem Portal auch eine Kurzanleitung bereit, damit die Partner wissen, wie sie die neuen Berichte korrekt ausfüllen.
Zusammenfassung
Um das digitale Gedächtnis eines Unternehmens erfolgreich zu organisieren, ist es wichtig, den IST- und den SOLL-Zustand zu bewerten, bevor man sich auf dieses Abenteuer einlässt. Das Vorgehen nach dem soeben beschriebenen POCARAC-Plan ermöglicht es, sich auf die einzelnen Schritte zu konzentrieren, ohne das große Ganze aus den Augen zu verlieren. Individuelle Anforderungen können bei Bedarf hinzugefügt werden.
Abkürzungen sind am besten zu vermeiden - sorgfältige Vorbereitung ist der Schlüssel zu jedem erfolgreichen Projekt. Fehler können helfen zu erkennen, was nicht funktioniert - aber sie können auch teuer werden. Die Unterstützung durch die richtigen Experten ist daher wertvoll, insbesondere im Hinblick auf die rechtlichen Aspekte. Das Risiko sollte im Vorfeld analysiert werden. Wie viele Vorkehrungen sind sinnvoll? Wo wäre der mögliche Schaden geringer als die Kosten für die Umsetzung einer Lösung?
Wenn die Fakten gesammelt sind und ein Verfahren festgelegt wurde, geht es im nächsten Schritt darum, die technischen Mittel auszuwählen, die Sie unterstützen. Was lässt sich in die bestehende Struktur integrieren? Wie skalierbar und zuverlässig ist das System? Wird es sowohl den heutigen als auch den künftigen neuen Anforderungen gerecht?
Es braucht mehr als nur ausgeklügelte Prozesse und Systeme; der Erfolg hängt in hohem Maße vom menschlichen Faktor ab. Proaktive Kommunikation und der Austausch von Wissen sind wichtig, damit alle Projektbeteiligten ihren Beitrag leisten und eine innovative Feedback-Kultur gefördert wird. Die Aktivierung der Synapsen zwischen Mitarbeitern und externen Partnern fördert die Akzeptanz und bringt ein Unternehmen dem Ziel eines gut funktionierenden digitalen Gedächtnisses einen Schritt näher.